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Farbvererbung
oder "Was bedeutet ABCDen3R3wlsa?AbCDGY3wvsa?"
Nach vielem Suchen, Finden und Lesen über die Vererbung der Kaninchenfarben, besonders auch im Hinblick auf die Rotvererbung, möchte ich hier meine gesammelten Erkenntnisse einmal in "Nichtfachsprache" beziehungsweise verständlicher Fachsprache zusammenfassen.
"Jeder Versuch, die Wirkung von Färbungsgenen zu erklären,
basiert auf der Interpretation von Beobachtungen,
wobei aber die Möglichkeit besteht,
diese auf unterschiedliche Weise aufzufassen."
G. Hochstrasser
Das sollte man beim Nachdenken über dieses Thema im Hinterkopf behalten. Dieses und alle weiteren von mir ohne Quellenangabe zitierten Textstellen stammen aus "Das blaue Jahrbuch 2000" von Oertel/Spörer.
Grundlagen - kurz und knapp
Am Anfang kurz die Erklärung einiger wichtiger Grundbegriffe:
Die Erbinformationen, die Gene, liegen in jedem Tier doppelt vor. Von Mutter und Vater wird je eins dieser Gene zufällig an die Nachkommen vererbt, wodurch sich neue Kombinationen ergeben. Die einzelnen Merkmale werden in der Regel unabhängig von einander vererbt. Das haben wir alle mal in der Schule als Mendelsche Regeln gelernt.
Die verschiedenen Varianten eines Gens nennt man Allele. Für jedes Gen gibt es mindestens 2 Allele zur Auswahl, es können aber auch mehr sein. Wichtig ist, dass jedes Kaninchen genau 2 davon besitzt.
Es gibt sich durchsetzende (dominante) Erbfaktoren und verborgene (rezessive). Manche Erbfaktoren sind auch codominant, dass heißt, sie wirken beide nebeneinander bzw. addieren sich in ihrer Wirkung. Diese Art der Vererbung nennt man auch "intermediären Erbgang" (intermediär = dazwischen liegend).
Besitzt ein Tier 2 verschiedene Allele eines Merkmals, ist es für dieses Merkmal spalt- oder mischerbig (heterozygot) . Dann ist das dominante Merkmal sichtbar, während das rezessive verdeckt vererbt wird.
Die Gesamtheit der Erbanlagen eines Wesens nennt man Genotyp, das äußere Erscheinungsbild Phänotyp.
Beispiel für die Vererbung rezessiver Faktoren am Faktor D, wobei in diesem Fall D zu einem schwarzen Kaninchen führt, welches durch d blau wird. Ob Rammler oder Häsin blau ist, ist egal.
Die schwarzen spalterbigen Kaninchen besitzen den Genotyp spalterbig blau, aber den Phänotyp schwarz.
In der 1. Zeile der Tabelle sieht man die Ausgangstiere, in der 2. Zeile deren Kinder, die miteinander verpaart, die Enkel in der 3. Zeile ergeben:
schwarz |
blau |
||
schwarz spalterbig |
schwarz spalterbig | ||
schwarz |
schwarz spalterbig |
schwarz spalterbig |
blau |
Farben, Farben ... was ist das eigentlich?
Als Melanine werden eine Reihe von Pigmenten benannt, deren Farben von gelb, orange und rot bis zu braun und schwarz reichen. Meist handelt es sich um Verbindungen, die sich von einer Aminosäure namens Tyrosin oder verwandten Stoffen ableiten. Die Pigmentzellen der Haut, die zur Bildung von Melanin befähigt sind, werden als Melanozyten bezeichnet.
Die Bildung der Fellfarbe wird bei Säugetieren im Wesentlichen von zwei Melaninen, nämlich Eumelanin und Phäomelanin , beeinflußt. Sowohl Eu- als auch Phäomelanin werden in den Melanosomen (kleinen Zellorganellen in den Melanozyten, Farbkörperchen) aus Tyrosin mit Hilfe des Enzyms Tyrosinase gebildet und während des Wachstums in das Haar eingelagert. Eumelanine bilden dunkelbraune bis schwarze Pigmentkörner. Phäomelanine bewirken in Abhängigkeit von der Dichte ihrer Einlagerung gelbe bis rote Fellfarben.
Die Farbe des Fells entsteht durch in der Haut gebildete Farbstoffe, die beim Wachsen in die Haare eingelagert werden. Es gibt einen bläulich-schwarzen und einen gelb-rot-bräunlichen Farbstoff (Pigment).
Je dichter die Einlagerung, desto intensiver die Farbe. Da die Farbstoffe nicht unendlich verfügbar sind, werden die Haare immer heller, je länger sie werden. Deshalb sehen z. B. schwarze Angoras eher hellgrau als schwarz aus.
Zur besseren Verständlichkeit werde ich im folgenden die Begriffe Phäomelanin und Eumelanin durch die Bezeichnung roten und schwarzen Farbstoff ersetzen.
Wie und wann entsteht schwarzer oder roter Farbstoff?
Auf den farbbildenden Zellen gibt es Kontaktstellen. Außerdem gibt es das Melanozyten-stimulierende Hormon, kurz MSH genannt und das vom Faktor GA produzierte Agoutiprotein (internat. agouti = Wildfarbigkeit). Diese beiden Stoffe können sich an der Kontaktstelle andocken und beeinflussen damit die Art des gebildeten Farbstoffes.
Ist die Kontaktstelle vom MSH belegt, wird vermehrt schwarzer Farbstoff gebildet, ist sie vom Agouti-Protein besetzt, kommt es zur vermehrten Bildung von rotem Farbstoff. Die Bildung der Farbstoffe kann im Zuge des Haarwachstums zeitlich (Bänderung) und örtlich (Wildfarbigkeitsabzeichen) wechseln.
Der Kampf um die Kontaktstelle
Wer das, was in der Zelle im Zusammenhang mit der Pigmentsynthese passiert, noch genauer wissen will als es auf den folgenden Seiten erklärt ist, kann im Bereich Farben, Vererbung & Co auf Kaninchenwissen weiterlesen.
Wilde Farben
Im Folgenden wird des öfteren von Wildfarbigkeit die Rede sein, deshalb will ich diesen Begriff hier näher erläutern.
Wildfarbigkeit bedeutet, dass die einzelnen Haare eine Bänderung aufweisen (wie eine Ringelsocke). Das sieht man besonders gut, wenn man dem Tier ins Fell bläst. In dem entstehenden Trichter kann man die einzelnen Farbzonen sehen.
Außerdem sind bei einem wild- oder lohfarbigen Tier Bauch, Blumenunterseite, Naseneinfassung, Kinnbackeneinfassung, Ohreninnenseite und Augenringe hell gefärbt. Der Nackenkeil ist bräunlich gefärbt. Das sind die sogenannten Wildfarbigkeitsabzeichen. Am unteren Bauch sind in der Regel zwei dunklere Flecken zu sehen, die Schoßflecken.
Die Gensymbole
Normalerweise werden die Erbformeln mittels eines Bruchstriches dargestellt. wobei die zueinander gehörigen Allele untereinander stehen. Da das im Internet nicht so toll geht, werden sie wahlweise ABCDE/ABCDEABCDG/ABCDG oder AABBCCDDEEAABBCCDDGG dargestellt. Wenn man Reinerbigkeit (Gleichheit) der einzelnen Erbfaktoren voraussetzt, genügt auch die Formel ABCDEABCDG.
Verdeckten Faktoren, die man nicht genau kennt, werden durch "-" oder "_" dargestellt.
Wenn man sich die englischsprachige Bedeutung der Gene merkt, ist der Rückschluss auf das jeweilige Symbol sehr einfach, da es dem Anfangsbuchstaben entspricht.
Das Behalten der Symbole und ihrer Bedeutung ist etwas schwierig, da sich einige Buchstaben beim besten Willen nicht mit ihrer Bedeutung in Verbindung bringen lassen.
Die Reihenfolge, in der ich die Faktoren erkläre, weicht von der Reihenfolge in der Genformel ab, da es mir nicht sinnvoll erscheint, z. B. den Chinchillafaktor zu behandeln, ohne vorher die Wildfarbigkeit erklärt zu haben.
Die Allele in den einzelnen Gen-Reihen sind immer in der Reihenfolge ihrer absteigenden Dominanz geordnet.
Nun zur Frage im Titel. Es ist die Erbformel des ideal roten Satinangorakaninchens:
ABCDe = rot(-wildfarbig)
R3 = viel rot
w = Breitband
l = Angora
sa = Satin
AbCDG = rot(-wildfarbig)
Y3 = viel rot
w = Breitband
v = Angora
sa = Satin
Man könnte jetzt noch Zeichen für ungesilbert, ungescheckt, Nichtzwerg, ... hinzufügen, aber das würde sehr lange unleserliche Formeln ergeben, deshalb gibt man diese Faktoren nur an, wenn sie von Bedeutung sind.
(Der Herr im Foto ist übrigens noch nicht ideal gefärbt, er hat einen weißen Bauch und eine weiße Unterfarbe)